Um die Wahrnehmung der zu Fuß Gehenden hinsichtlich verschiedener Verkehrssituationen einfangen zu können, wurden als innovatives digitales Partizipationsinstrument interaktive Poster entwickelt.
Diese interaktiven Poster dienen zur Erhebung von Meinungsbildern vor, während und nach der Durchführung von Realexperimenten. Dies hilft zum einen bei der Bestimmung, welchen Einfluss die Experimente auf das Empfinden der betroffenen Nutzerinnen und Nutzer besitzen. Zum anderen wird der potenzielle Erfolg oder Misserfolg der Aktionen messbar bzw. werden Situationen vergleichbar. Zu Fuß Gehende können ihre Wertung zu Fragestellungen oder Aussagen in den zu untersuchenden Gebieten anonym und direkt vor Ort abgeben. Bei dieser Partizipationsart müssen keine weiteren Hürden überwunden werden, so dass die Hemmschwelle geringer ausfällt.
Die Poster ermöglichen eine große Anzahl an Einschätzungen der Bevölkerung zu den zu untersuchenden Stellen einzufangen. Dadurch lässt sich nach ein bis zwei Wochen eine klare Grundhaltung zu den Stellen aufzeigen. Darüber hinaus ist die Altersstruktur der teilnehmenden Bevölkerung am heterogensten. Die interaktiven Poster wurden von den Nutzenden gut angenommen und führten zu zahlreichen, gut verwertbaren Rückmeldungen in den Befragungskontexten.
Technische Umsetzung und Wartung der Interaktiven Poster
Die interaktiven Poster setzen sich aus folgenden Komponenten zusammen:
• einem Acrylposter mit der zu kommunizierenden Botschaft
• drückbaren Tastern, die in das Poster eingelassen sind sowie
• die Metallbox hinter dem Poster, welche die Elektronik beinhaltet
Die gesamte Konstruktion lässt sich anhand von zwei Schellen, welche an die Metallbox geschraubt werden, an Säulen oder Laternen anbringen. Die Weite der Schellen muss anhand der Breite der gewünschten Aufhängsäule gewählt werden. Um Diebstahl oder Vandalismus zu unterbinden oder zumindest zu erschweren, wurde eine Kette mit Schloss um die Säule gewickelt und an der Metallbox befestigt wird. Für die Metallbox werden ausgediente Munitionskästen verwendet, da diese vergleichsweise robust und ausreichend wasserdicht sind. Auch die Kosten hierfür waren relativ gering im Vergleich zur Leistungsfähigkeit.
Innerhalb der Metallbox werden Elektronikteile der Firma Tinkerforge verbaut. Der Kern dieses Komponentensystems besteht zum einen aus einem Mainboard („Master Brick“), das alle anderen Komponenten zusammenführt und koordiniert. Zum anderen besteht der Kern aus dem „Red Brick“, welcher die Stromzufuhr über eine Powerbank regelt und eine SD-Karte beinhaltet, welche die für das Poster entwickelte Software enthält und gleichzeitig als Speichermedium für die registrierten Knopfdrücke dient. Außerdem ist der Master Brick mit der „Ein und Ausgabe“-Komponente verbunden, die wiederum mit den Tastern im Poster verbunden ist, sowie mit einer „Real Time Clock“-Komponente, die dafür sorgt, dass die registrierten Knopfdrücke mit einem Zeitstempel versehen werden. Die registrierten Knopfdrücke samt Zeitstempel werden in einer Text-Datei gespeichert, welche nach der Befragungsphase vom Red Brick exportiert und weiter evaluiert werden kann.
Die Wartung eines interaktiven Posters, das sich im Einsatz befindet, besteht überwiegend aus dem Austausch der Powerbanks/Akkus alle zwei Tage. Hierbei werden auch Zeitstempel durch festgelegte Codes (Taster Kombinationen) eingegeben und zeitlich dokumentiert, um eventuelle Ausfälle der internen Real Time Clock im Nachhinein korrigieren zu können. Diese notwendigen Zeitkorrekturen waren auch tatsächlich ein Problem in den Erhebungen mit dieser Technologie. Mit der direkten Übermittlung und Synchronisierung per Mobilfunk soll dieses Problem behoben werden. Des Weiteren wird dabei auch überprüft, ob sich die Verkabelung in der Box gelockert hat, ob die Box unbeschädigt/dicht ist und ob die Taster funktionieren (in unserem Fall leuchten sie in Betrieb und blinken bei Knopfdruck).
Sind die Komponenten einmal zusammengestellt können die interaktiven Poster für verschiedene Situationen leicht angepasst werden. Lediglich das Acrylposter muss für neue Verkehrssituationen neu gedruckt und angeschraubt sowie mit Knöpfen versehen werden.
Auch in Sachen Robustheit und Schutz vor Vandalismus haben sich die interaktiven Poster behauptet. Zwar wurde hin und wieder ein Poster beschrieben, beklebt oder – in einem Fall sogar – verbogen, dennoch blieben die Poster überwiegend intakt und wurden in ihrer Les- und Verwendbarkeit nicht eingeschränkt. Interaktive Poster besitzen zudem eine hohe Übertragbarkeit auf weitere Einsatzbereiche.
Um einen verlässlicheren Datensatz zu gewährleisten und um einen „Single Point of Failure“ – also komplettes Wegfallen der Datenerhebung aufgrund eines defekten Posters bzw. einer defekten Komponente – zu vermeiden, empfiehlt es sich mehrere interaktive Poster in einem
Gebiet aufzustellen. Besonders an Stellen, die von zwei oder mehr Wegen begangen werden können, sollte diese je mit einem Poster versehen werden, um eine maximale Erreichbarkeit der Fußgänger zu erhalten und auch unterschiedliche Fußgängerströme zu vergleichen.
Bei weiteren Fragen, wenden Sie sich bitte an iums@hs-karlsruhe.de (lab.iums.eu).